Eine nachlassende Pumpleistung des Herzens, die Herzinsuffizienz oder Herzschwäche, ist eine nicht selten beobachtete Langzeitfolge bei Patienten mit Herzschrittmachern. Jetzt haben Kardiologen der Medizinischen Klinik II – Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin im St. Marien-Krankenhaus Siegen erstmalig bei Patienten einen innovativen Herzschrittmacher implantiert.
Der innovative Herzschrittmacher stimuliert das sog. His-Bündel, Teil des herzeigenen Reiz-Leitungssystems. Danach verteilt sich das Signal über viele kleine Fasern in die Herzmuskelabschnitte und löst so physiologische, d.h. natürliche Herzschläge aus. Bei dieser Stimulation wird eine Schrittmachersonde in die Nähe des His-Bündels oberhalb der Segelklappe im Bereich der Vorhofscheidewand platziert, um eine möglichst natürliche Weiterleitung des elektrischen Impulses des Schrittmachers auf die Kammern zur ermöglichen. Das Risiko, eine Herzschwäche zu entwickeln, wird somit deutlich reduziert. Die Klinik von Chefarzt Prof. Dr. med. Michael Buerke gehört bundesweit zu den ersten Herzzentren, die diese neue Therapieform, den His-Bündel-Schrittmacher, bereits in der regulären Patientenversorgung etabliert haben. „Das Verfahren ist technisch aufwendiger als die einfache Sondenplatzierung in der rechten Kammer und die OP-Zeit ist länger“, erklärt Oberarzt Dr. med. Christoph H. Blanke, der gemeinsam mit Oberarzt Dr. med. Johann Mermi den ersten Schrittmacher implantierte. Das Verfahren wird über viele EKG-Ableitungen gesteuert und gegebenenfalls ist die Verwendung eines Elektrophysiologiekatheters von der rechten Leiste aus sinnvoll.
Herzschwäche führt bei vielen Betroffenen zu vorzeitiger Erschöpfung, einer verminderten Leistungsfähigkeit und Müdigkeit. Aber auch Atemnot oder Wassereinlagerungen in der Lunge oder den Beinen treten auf. Je nach Schweregrad wird die Lebensqualität dadurch merklich beeinträchtigt. „Mithilfe des innovativen His-Bündel-Herzschrittmachers lässt die Pumpleistung eines vorgeschädigten Herzens – anders als bei normalen Herzschrittmachern – nicht nach einiger Zeit nach“, berichtet Dr. Mermi. „Die Gefahr, dass die Patienten aufgrund einer Schrittmacher-assoziierten Herzschwäche erneut ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen, ist also äußerst gering“, so der Elektrophysiologe weiter. Auch zeichne sich im Langzeitverlauf im Trend eine geringere Sterblichkeit ab.
„Die His-Bündel-Sondenimplantation bedeute weltweit einen Umbruch in der Herzschrittmachertherapie“, meint Chefarzt Prof. Dr. Michael Buerke. Denn die Kammersonde werde Traditionell an ganz anderer Stelle und zwar nahe der Spitze der rechten Herzkammer befestigt. Gebe sie dort einen elektrischen Impuls ab, breitet sich dieser „unnatürlich“ von der rechten in die linke Herzkammer aus. Diese elektrische sowie mechanische Asynchronie der Herzkammern kann langfristig zu Herzschwäche führen.
Die besondere Position der His-Bündel-Sonde ist gleichzeitig auch eine besondere Herausforderung für die Operateure. Denn das His-Bündel, benannt nach dem deutschen Internisten und Kardiologen Wilhelm His (1863-1934), ist eine nur wenige Millimeter kleine Struktur in der Herzscheidewand zwischen den Vorhöfen und Kammern. "Es exakt zu lokalisieren, erfordert komplexe technische Voraussetzungen“, so Dr. Johann Mermi. „Am Herz- und Gefäßzentrum Südwestfalen sind wir mit einem modernen Elektrophysiologie-Labor und -OP ausgestattet. Da das His-Bündel ein unverwechselbares elektrisches Signal aussendet, wissen wir genau, wenn der Katheter es erreicht hat und können die Sonde exakt platzieren.“
„Seit Jahrzehnten werden Herzschrittmacher in der Patientenversorgung eingesetzt“, erläutert Prof. Michael Buerke. Doch abgesehen von Weiterentwicklungen hinsichtlich einer individuelleren Programmierung, längeren Batterielebensdauer oder der Einführung der Schrittmacherkapsel, die direkt in die rechte Kammer implantiert werde, sei der His-Bündel-Schrittmacher seit Jahrzehnten der erste fundamentale Fortschritt, der die Nachteile der konventionellen Schrittmacher aufzuheben verspricht. Der neue Schrittmacher werde daher zum Standard bei Patienten, bei denen der Einsatz medizinisch indiziert ist, durchgeführt werden kann, so Prof. Buerke abschließend.