Als im Jahre 1861 vor den Toren der Stadt Siegen ein Hospital der katholischen Kirchengemeinde St. Marien errichtet wurde, konnte niemand ahnen, dass hieraus im Lauf der kommenden 160 Jahre ein Unternehmen mit vielfältigen Leistungen entstehen würde, das heute mit seinen über 2.100 Mitarbeitenden einen festen und unverzichtbaren Bestandteil im Gesundheitswesen der Region Südwestfalen und darüber hinaus spielt. Es sind 160 Jahre, die jetzt in dem Buch „Vom Spital zum Gesundheitsunternehmen – die Marien Gesellschaft Siegen“ erzählt werden. Es knüpft dabei an die Veröffentlichung an, die vor nunmehr zehn Jahren zum 150jährigen Bestehen des Krankenhauses herausgegeben wurde.
Gleich zu Beginn des 198 Seiten umfassenden Buchs wird deutlich, dass die Reduzierung der Entwicklung hin zur heutigen Marien Gesellschaft Siegen auf die Vorgeschichte der heutigen Akutmedizin und deren Fortschreibung bis zur Gegenwart sicher viel zu kurz greifen würde. Vielmehr erscheint es notwendig, die einzelnen Phasen dieser besonderen Siegener Institution, die damals das erste moderne Krankenhaus in Siegen war, aus dem Blickwinkel moderner Krankenhaus- und Medizingeschichte zu beleuchten und so Entwicklungslinien herauszuarbeiten. Die Institution „Gesundheitsunternehmen“ wird dadurch in dem von Hauptgeschäftsführer Hans-Jürgen Winkelmann herausgegebenen Buch greifbar.
Jenseits der oft bemühten Erzählungen wie der Gründung durch die Platzierung einer „Actie“ in den Pfarreien Südwestfalens oder der Behandlung der Patienten in der Bunkeranlage des Krankenhauses nach der verheerenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sowie den oft herangezogenen Anekdoten unterschiedlicher Epochen des Krankenhauses werden in den Kapiteln auch für Siegen und seine Sozialgeschichte Entwicklungslinien aufgezeichnet. Hierfür arbeitete sich der Historiker Dr. Michael Römling durch die Archive Südwestfalens. Der Blick von ihm und Co-Autor Dr. Christian Stoffers gilt dabei der Herausbildung der medizinischen Abteilungen aus einer reinen Allgemeinmedizin hin zu einem modernen Klinikum mit seinen Kliniken und Zentren sowie schließlich der in sechs Sparten gegliederten Marien Gesellschaft Siegen.
Eingegangen wird unter anderem auf die Anfänge der Chirurgie und Gynäkologie oder die Herausbildung der Inneren Medizin und Radiologie. Auch die Zeit des Nationalsozialismus kommt nicht zu kurz: Der von Pfarrer Wilhelm Ochse getragene Widerstand genauso wie die Anpassung von Ärzten an das herrschende System. Gleichfalls wird der mühsame Neuanfang nach 1945 beleuchtet, der eng mit dem Namen Wilhelm Hundt verbunden ist. Schließlich gilt es die Entwicklung hin zum integrierten Gesundheitsunternehmen darzulegen. Hier erweiterte sich auch das Krankenhaus zu einem Unternehmen, das neben der stationären medizinisch-pflegerischen Versorgung auch ambulante Leistungen anbietet und sich in der stationären Altenhilfe sowie der Rehabilitation engagiert. Auch ein Hospiz sowie eine Servicesparte gehören dazu.
Blickt man zurück auf die nunmehr 160 Jahre Versorgung mit medizinisch-pflegerischen Leistungen, zu der das Buch „Vom Spital zum Gesundheitsunternehmen“ einlädt, so kann man einen ununterbrochenen Wandel erkennen: Zu nennen sind da der medizinische Fortschritt genauso wie der Wertewandel und die demografische Herausforderung. Kaum ein anderer Ausschnitt der Gesellschaft ist derart geprägt von rasantem Fortschritt aber auch von permanenten gesetzlichen Änderungen. Das mag im „Corona-Jahr“ besonders deutlich sein, begleitet jedoch die Marien Gesellschaft seit mehreren Generationen.