Gestern wurde erstmals in Europa eine neue Generation von Instrumenten bei der sog. Schlüssellochchirurgie eingesetzt. In der Chirurgischen Klinik des St. Marien-Krankenhaus Siegen von Chefarzt Prof. Dr. med. Frank Willeke wurde bei einem mehrstündigen komplizierten Eingriff, die weltweit zweite derartige Mastdarm-Entfernung, ein Instrument eingesetzt, das natürliche Bewegungen des Operateurs aufgreift und die Schlüssellochchirurgie in Bereiche vordringen lässt, bei denen zuvor offen und mit großen Schnitten operiert werden musste. Für Patienten bringt der Einsatz solcher Instrumente eine echte Verbesserung, da mehr Erreichbarkeit präziseres und gewebsschonendes Arbeiten bedeutet.
In der Schlüssellochchirurgie werden chirurgische Instrumente zum Greifen, Nähen oder Schneiden eingesetzt. Bei diesen Instrumenten ist die Bewegungsfreiheit regelmäßig eingeschränkt. Als Spitze eines etwa 50 Zentimeter langen Operationsbestecks kann beispielsweise das Schneidwerkzeug nur mit dem Besteck als Ganzes bewegt werden. Das verursacht mehr oder weniger raumgreifende Bewegungen des Operateurs, wenngleich die Stelle sich nur wenige Millimeter weit „um die Ecke“ entfernt befindet. Manche Stellen lassen sich so überhaupt nicht erreichen. „Man kann das mit einem ausgestreckten Zeigefinger vergleichen. Erst wenn man ihn abwinkeln kann, entfaltet er seine volle Funktion“, beschreibt leitender Oberarzt Dr. med. Ibrahim Darwich, der die erste Operation durchführte. Das Instrument könne darüber hinaus am Gelenk in alle Richtungen abgewinkelt werden, was es noch flexibler als den besagten Finger mache.
Das im St. Marien-Krankenhaus Siegen eingesetzte tragbare laparoskopische Instrument, überwindet den Makel der klassischen Schlüssellochchirurgie durch eine Gelenkstruktur, die horizontale und vertikale Bewegungen des sog. Endeffektors ermöglicht. Damit wird eine neue Dimension der Laparoskopie erschlossen. Die Bewegungen der Endeffektor-Gelenke passen sich den Finger- und Handgelenkbewegungen des Benutzers an, was intuitive Bewegungsmuster ermöglicht und eine hohe Kontrollleistung über das Instrument gewährleistet. Dies ermöglicht auch technisch komplizierte Operationen, die nicht mit starren Instrumenten durchgeführt werden können. Solche hochgradige Bewegungsfreiheit an der Spitze des laparoskopischen Instrumentes kannte man bisher nur aus der robotischen Chirurgie. Nun ist eine nahezu identische und hochgradige Bewegungsfreiheit mit einem Endinstrument, ohne Elektronik, möglich.