Wer das Haus St. Anna betritt, ganz gleich, ob als Angehöriger oder als Teil des Pflegeteams, gibt die Normalität am Eingang ab. Ganz buchstäblich, und zwar in einem eigenen dafür eingerichteten „Briefkasten“. „Anders geht es nicht“, erklärte ein lächelnder Stephan Berres den bei einer Hausführung kurz vor der Fertigstellung der Einrichtung. Zwar waren die Handwerksarbeiten zu diesem Zeitpunkt noch in vollem Gang, trotzdem war schon klar erkennbar, dass St. Anna kein Haus wie jedes andere wird: die Flure extra breit, die Bäder in den Einzelzimmern mit farbigen Elementen versehen, die nicht der Dekoration, sondern einer besseren Orientierung dienen. Die offene, helle Architektur kommt dem mit der Krankheit Demenz einhergehenden Bewegungsdrang der Bewohner entgegen. In den Fluren gibt es beheizte Bänke, so dass die Bewohnerin oder der Bewohner, die oder der sich dort vielleicht zu einem Schläfchen niedergelassen hat, auch dort liegen bleiben kann.
Sehr wichtig ist die persönliche Note in den Zimmern: Dieser letzte Schliff ist deshalb den Angehörigen vorbehalten. Eine solche Einrichtung, das unterstrich Berres gleich mehrfach, sei nicht mit einem Standard-Personalschlüssel und Standard-Arbeitszeiten zu betreiben. Das sieht man schon allein daran, dass es zum Beispiel keine festen Essenszeiten geben wird. Hier darf jeder speisen, wann er möchte. Und einem Demenzkranken könne man auch nicht sagen, es komme „gleich“ jemand, erläuterte Berres. Ja, es werde sicher auch Grenzsituationen geben, so der Heimleiter beim Rundgang. Situationen, in denen alle Erfahrung und alle Vorbereitung nichts nutzten. Denn die Marien Pflege erschließt hier ein gutes Stück weit Neuland. Eine vergleichbare Einrichtung gibt es in Norddeutschland, mit der die Netphener bereits im Erfahrungsaustausch stehen.
Lebenserfahrung eminent wichtig
Haus St. Anna bietet 60 stationäre Pflegeplätze. Für das Haus gibt es eine Warteliste; 70 Prozent der Anfragen kommen laut Einrichtungsleiter Stephan Berres aus dem häuslichen Bereich. Zu einem ersten Angehörigentreffen erschienen 80 Menschen, zu einem zweiten sogar 100, berichtete Berres. 60 bis 70 Voll- und Teilzeitpflegekräfte werden im Haus St. Anna neue Arbeitsplätze finden. Pflegedienstleitung Ann-Kathrin Müller ist ein „Eigengewächs“ der Marien Gesellschaft. Bei den Neueinstellungen wurde gezielt darauf geachtet, auch älteren Arbeitnehmern eine Chance zu geben, da Lebenserfahrung im Umgang mit Demenzkranken wichtig ist.
Nach dem Tag der offenen Tür Anfang Juni erfolgt die offizielle Eröffnung, verbunden mit der Einsegnung durch Weihbischof Hubert Berenbrinker am 30. Juni.