Fast Track in der Chirurgie

Siegen, 23.04.2024

Schon drei oder vier Tage nach einem umfangreichen chirurgischen Eingriff nach Hause entlassen? Ist das aus medizinischer, psychologischer und sozialer Perspektive möglich, und geht es dem Patienten dabei dennoch gut? Dr. med. Ibrahim Darwich, leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im St. Marien-Krankenhaus Siegen formuliert eine klare Antwort: „Ja. Und dies ist wissenschaftlich belegt." In der Klinik von Chefarzt Prof. Dr. med. Frank Willeke wurde ein Vorgehen für eine große Anzahl von Patienten etabliert, das – wissenschaftlich fundiert – bereits vor dem stationären Aufenthalt des Patienten beginnt und als „Fast-Track“-Chirurgie bezeichnet wird.

Durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegepersonal und Ernährungsberatern aus den Bereichen Chirurgie, Anästhesie und Innere Medizin werden die Patienten bereits mehr als eine Woche vor dem geplanten chirurgischen Eingriff intensiv betreut. Eine beinahe „Eins-zu-eins“-Betreuung wird dabei von speziell ausgebildeten Fast-Track-Assistentinnen gewährleistet.

Zusätzlich zu den üblichen ärztlichen Aufklärungsgesprächen erfolgt eine detaillierte und stressfreie Beratung durch die Fast-Track-Assistentin. Sie erläutert den gesamten Ablauf und adressiert Fragen und Sorgen der Patienten. Wenn einige Patienten für den geplanten chirurgischen Eingriff eine sog. Prähabilitation benötigen – also eine medizinische Vorbereitung vor der Operation –, wird dies vom Personal erkannt und entsprechende Maßnahmen werden eingeleitet. Dazu gehören unter anderem die Gabe von eiweißreichen Getränken, Eisen sowie gegebenenfalls orientierende Sportübungen. Diese Maßnahmen sind von großer Bedeutung für die Einleitung einer schonenden Narkose.

Am Tag der Operation ist die Zusammenarbeit zwischen Anästhesie und Chirurgie entscheidend für die Einhaltung der Fast-Track-Prinzipien. Die Anästhesie könnte daher auf die Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen sowie auf stark betäubende oder beruhigende Medikamente verzichten und die Anzahl der eingebrachten Katheter (Schläuche) im Körper des Patienten minimieren.

Das Schlüsselloch-Verfahren, auch bekannt als minimal-invasive Technik, spielt dann eine zentrale Rolle im Fast-Track-Vorgehen. Im Vergleich zu offenen Eingriffen mit einem großen Bauchschnitt verursacht die Operation über Mini-Schnitte nachweislich weniger Schmerzen, kleinere Narben, reduziert das Risiko von Bauchdeckenbrüchen und führt zu einer schnelleren Genesung. Die chirurgische Klinik des St. Marien-Krankenhauses Siegen sieht sich dabei als führend in der Region bei der Anwendung minimal-invasiver Techniken an. Sie hat hochkomplexe minimal-invasive Operationen an Darm, Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse sowie die Versorgung von Bauchdeckenbrüchen seit Jahren etabliert. Die Entwicklung der minimal-invasiven Technik hat sich kontinuierlich fortgesetzt.

„In der chirurgischen Klinik des St. Marienkrankenhauses Siegen wird mit diesen Therapiemethoden das Ziel verfolgt, die Patienten bestmöglich gemäß wissenschaftlicher Evidenz zu behandeln. Dabei geht es nicht darum, Grenzen zu überschreiten, sondern um das Wohl der Patienten“, erklärt Dr. med. Ibrahim Darwich.

Die chirurgische Klinik gründete 2017 die erste Robotik-Abteilung der Region und führte 2020 weltweit die ersten chirurgischen Eingriffe mit gelenkgesteuerten laparoskopischen Instrumenten durch. Hunderte hochkomplexer Operationen am Mastdarm, Dickdarm, Leber, Bauchspeicheldrüse, Milz und Bauchdecken wurden bereits erfolgreich mit diesen Instrumenten durchgeführt.

Die Patienten werden nach der Operation engmaschig von den Fast-Track-Assistentinnen begleitet. Bereits am Tag der Operation stehen sie auf und machen erste Schritte. Es wird ihnen am Abend Nahrung und Flüssigkeit angeboten. In der Regel sind die Patienten frei von Kathetern und Drainagen, was ihnen ein Gefühl von Freiheit und Gesundheit vermittelt. Sie sind psychisch in der Lage, sich zu bewegen. Die schnelle Mobilisierung nach einem operativen Eingriff hat nachweislich eine Reduktion der allgemeinen Komplikationen zur Folge und fördert die Darmtätigkeit. Die Atemwege werden aktiv gehalten, was das Risiko von Lungenentzündungen verringert.

Auch nach der Entlassung bleiben die Patienten in Verbindung mit den Fast-Track-Assistentinnen. Jegliche Fragen, Sorgen oder Komplikationen werden umgehend angesprochen und adressiert.