Die Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft in den letzten Jahren stellen musste, machen uns bewusst, dass wir resilienter werden müssen. Zu nennen sind hier exemplarisch die Corona-Pandemie, die Katastrophe im Ahrtal und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Bei ersterer hat die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag zu deren Überwindung geleistet und Soldatinnen und Soldaten gehörten zu den Ersten, die bei der Flutkatastrophe vor Ort waren und durch ihren Einsatz viele Menschenleben retteten. Die Zeitenwende, ausgelöst durch Drittes, verändert die Bundeswehr in einer nie dagewesenen Weise.
Um diese Herausforderungen zu thematisieren, fand nun im Haus der Siegerländer Wirtschaft ein gemeinsames Symposium des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz und der Marien Kliniken – St. Marien-Krankenhaus Siegen statt. Das Symposium sollte den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum Krisenmanagement in Deutschland und deren Ableitung auf die regional im Gesundheitswesen agierenden Personen anhand ausgewählter Referate fördern. Über 100 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.
Prof. Dr. Christian Brülls, Ärztlicher Direktor des St. Marien-Krankenhauses und zugleich Organisator des Symposiums, richtete bei seinem Eingangsstatement den Blick auf notwendige Anpassungen an neue Realitäten, die sich insbesondere aus den Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit eingeleiteten „Zeitenwende“ für das Gesundheitswesen ergeben. Landrat Andreas Müller wies sodann in seinem Referat auf die vielschichtige Gefahrenlage hin, die bis zu Angriffen aus dem Cyberraum reicht. Mit Blick zurück: Nicht zuletzt die Corona-Pandemie habe belegt, wie wichtig eine Vernetzung der Akteure zur Überwindung der Herausforderungen ist. Die Bundeswehr habe sich auch in Siegen-Wittgenstein auf vielfältige Weise eingebracht.
Und auch die weiteren Beiträge betonten, dass Krise immer auch eine Chance ist. Denn sie bedeutet, dass die alltäglichen Strukturen und Prozesse nicht mehr ausreichend sind. Sie zeigt, was in Ausnahmesituationen nicht mehr funktional ist und sie initiiert ein Momentum, um Reformen und Veränderungen umzusetzen: Das gilt für zivile wie für militärische Einrichtungen.
Oberstarzt Dr. med. Willi Schmidbauer (im Bild), Direktor der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie des Bundeswehr-Zentralkrankenhauses Koblenz, erläuterte in diesem Zusammenhang, wie notwendig es ist, insbesondere seit dem Überfalls Russlands auf die Ukraine, die Verflechtung der Strukturen voranzutreiben: Denn nach fast drei Jahrzehnten gilt es sich wieder mit dem Gedanken anzufreunden, dass auch Deutschland angegriffen werden könnte und die Akteure in den Kliniken ihrer Pflicht nachkommen müssten, mit medizinischem Wissen und Können nicht nur mögliche zivile Opfer zu retten, sondern auch die Bundeswehr zu unterstützen und ihre verwundeten Soldatinnen und Soldaten zu versorgen. Der Oberstarzt stellte dabei zunächst die aktuellen Herausforderungen für den Sanitätsdienst der Bundeswehr dar und entwarf ein Bild für die zukünftige Zusammenarbeit ziviler und militärischer Einrichtungen. Als Anästhesist gab er schließlich einen Erfahrungsbericht ab zur Notfallmedizin während akuter Gefahr.
Es folgte ein Wechsel von der militärischen auf die zivile Ebene. Hier sind nicht Leib und Leben unmittelbar bedroht, vielmehr sind die Herausforderungen in den Strukturen zu finden: Die auf Bundesebene und auf Ebene der einzelnen Bundesländer angestoßenen Reformen werden nicht nur die zivilen Patientenströme verändern, sondern auch die Ausbildung der in zivilen Krankenhäusern tätigen Ärztinnen und Ärzte vor neue Herausforderungen stellen; immer weniger Krankenhäuser werden alle, für eine umfassende medizinisch-praktische Ausbildung notwendigen Leistungen anbieten können. Direktor Prof. Dr. med. Frank Willeke, Medizinischer Direktor des St. Marien-Krankenhauses gab hierzu in seinem Referat einen Ausblick und wies künftigen Kooperationen eine Schlüsselstellung zu. Hieran knüpfe Prof. Brülls in seinem nachfolgenden Referat an Er sah den aus dem Militärischen geprägte Anspruch „train as you fight“ als Leitsatz für eine realistische Ausbildung, die jungen Medizinerinnen und Mediziner auf die komplexen Zusammenhänge vorbereiten soll.
Volkmar Klein, Mitglied des Bundestages, schlug schließlich als Nichtmediziner die Brücke zu den Worten von Landrat Müller, betonte dabei die internationale Verflechtung. Internationale Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit sei auch ein Baustein für Sicherheit.
Als Fazit unter das Symposium konnte Prof. Brülls diese als wichtigen Teil zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen ziehen. Zugleich skizzierte er als Handlungsfeld die bessere Vorbereitung auf den Ernstfall und nahm hierzu zivile wie militärische Stelle in die Verantwortung. Das Symposium, organisiert vom zivilen St. Marien-Krankenhaus, ist schließlich als Ausdruck eines Momentums zu verstehen, welches durch die gegenwärtigen Krisen entfacht wurde und nun politisch genutzt werden sollte: „Das Bewusstsein für Risiken und Gefahren war in der Gesellschaft lange nicht mehr so präsent wie heute“, so Prof. Brülls abschließend.
Ein Ereignis am Ende der Veranstaltung: Chefärztin Priv.-Doz. Dr. med. Elisabeth Mack, Klinik für Hämatologie, Medizinische Onkologie und Palliativmedizin im St. Marien-Krankenhaus Siegen, wurde zur Oberfeldärztin der Bundeswehr befördert.
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Im Bild: Oberstarzt Dr. med. Willi Schmidbauer, Direktor der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie des Bundeswehr-Zentralkrankenhauses Koblenz.